Montag, 1. Juli 2013

Lager III: Campo Alto

Die drei Träger, die uns heute zum Hochlager begleiten sollten, hatten keine Zelte dabei. Wir wunderten uns schon ein bisschen, wie das logistisch alles klappen sollte. Am Abend erfuhren wir, dass sie in dieser Nacht mit dem Koch in einem Zelt schlafen würden. Die nächste Nacht würde allerdings ein bisschen kälter werden, da sie diese im Küchenzelt ohne Isomatten und nur mit alten Decken verbringen würden. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob unsere Agentur oder unser Koch (als der lokale Organisator des Transports) sich um die Ausrüstung der Träger hätte kümmern müssen. Jedenfalls würden die Träger ohne richtiges Zelt und vor allem die nächste Nacht auch ohne Kocher (den wir im Hochlager brauchten) hier auf 5038m Höhe übernachten müssen.

Ich war ganz gut von Andean Expeditions ausgestattet worden und hatte eine dünne Isomatte zum Unterlegen und eine dicke selbstaufblasende zum Darüberlegen. Ich hatte noch überlegt, die dünne vielleicht für die Täger im Lager zu lassen, leider war aber die dicke Matte gleich am ersten Tag kaputt gegangen. Sie hatte mehrere sehr lange Schnitte am Kopfende, sodass keine Luft mehr gehalten wurde, die Isolation also deutlich schlechter war. Beim Verteilen der Gewichte auf die Esel, hatten die Eseltreiber die Matte wohl in den selben Sack wie die Eisgeräte gesteckt.

Diese Nacht ging es den Trägern jedenfalls wärmetechnisch im Zelt des Kochs noch ziemlich gut. Jedenfalls wurden abends und morgens in dem Zelt hörbar viele Scherze gemacht. Selbst wenn wir unser Spanisch aufgebessert hätten, hätten wir die Scherze übrigens nicht verstanden, da die hier lebenden Leute untereinander meist Aymara sprechen. Aymara ist ähnlich wie Quetschua eine Sprache der Ureinwohner. In Bolivien wird je nach Landstrich mal Aymara und mal Quetschua gesprochen. Trotz der geringen lokalen Distanz sollen die Sprachen sehr unterschiedlich sein.


So gegen 9:00 Uhr begannen wir, alles an Gepäck herauszuholen und neu zu packen, damit wir mit drei anstelle von sechs Trägern auskommen würden. Es gab kaum etwas, das wir unten lassen konnten, da wir das Zelt mit den Isomatten und Schlafsäcken genau so brauchen würden, wie unsere technische Ausrüstung und Kleidung für den Berg.


Es mag ein bisschen fies erscheinen, einem Träger, der kleiner ist als wir selber, einen Rucksack aufzudrücken, den wir nicht mal selber tragen würden. Man muss aber dazu wissen, dass zum Einen die Träger hier mit einem Puls von 80 durchs Lager laufen, während unserer bei ca. 120 liegt. Zum Anderen ist die Bezahlung der Träger pro Tag im Vergleich mit anderen Arbeiten vor Ort sehr lukrativ.


Der Weg von der Laguna Glaciar zum Campo Alto führte uns einen ziemlich ätzenden Blockhang hinauf. An einigen Stellen waren die Blöcke so groß, dass man über sie hinüber balancieren oder zwischen ihnen herspringen musste.


Wieder einmal sahen wir kein Hinterherkommen hinter unseren Trägern. Hier auf über 5000m Höhe hatten wir erwartet, dass auch sie etwas langsamer als am Vortag wären. Aber wir waren eben noch viel langsamer.

Nach dem steilen Geröllfeld kamen noch ein paar plattige aber auch nur sehr kurze Felspassagen, bis wir oben auf der Gletschermoräne ankamen. Wir mussten ganz schön um den Ancohuma herumlaufen, um einmal seinen Gipfel und unsere Aufstiegsseite zu sehen.


Nach knapp zwei Stunden und ca. 400 Höhenmeter über dem vorherigen Lager warteten unsere Träger auf uns. Wir waren etwas irritiert. In unserem Führer hatten wir gelesen, dass das Camp auf 5700m und nicht schon auf 5400m sein sollte. So würden wir für unsere Gipfeletappe fast noch einmal die Hälfte an Höhenmetern drauflegen müssen. Wir erkundigten uns, ob es nicht noch ein höheres Camp gäbe. Der Koch meinte, dass es noch eine Möglichkeit in 20-30 Minuten gäbe, die dann aber nicht mehr auf Fels sondern auf dem Gletscher sei. 20 weitere Minuten würden uns am nächsten Morgen auch nicht so viel bringen, und so entschieden wir uns zu bleiben.

Das Lager war schnell errichtet, und kurz vor 15:00 Uhr entschieden wir uns, noch den Einstieg zum Gletscher zu finden und schon einiges an Material für den nächsten Morgen dort zu deponieren.


Der Weiterweg direkt hinter dem Lager war besonders ätzend. Es ging den steilen Moränenhang entlang, der links in den Eiswänden des Gletschers endete, der sich rechts bestehend aus Erde und Geröll steil den Hang hinaufzog und der in der Mitte dauernd unter unseren Füßen wegbrach. Es war schon eine gute Entscheidung, dass die Träger hier nicht weitergegangen waren.


Nach den beschriebenen 20 Minuten erreichten wir den Einstieg zum Gletscher auf einer Höhe von 5430m und somit auf einer Höhe mit unserem Lager.


Der Gletscher ist ziemlich zerrissen von vielen kleinen und großen Spalten. Diese Spalten öffneten sich mal zu großen Eiswänden, bildeten große Einschnitte oder versteckten sich unter einer hauchdünnen Schicht Eis und Schnee, die einen Bergsteiger oft nicht mehr halten kann.


Leider fanden wir auf dem Gletscher keine ersichtlichen Spuren (letzte Woche hatte es noch so viel geschneit, dass  eine Gruppe von der Laguna Glaciar gar nicht mehr zum Campo Alto aufgestiegen war). Da wir noch ein bisschen Zeit vor dem Schlafengehen hatten, schraubten wir uns im Zick-Zack-Kurs bis auf eine Höhe von 5513m hoch, wofür wir eine knappe Stunde gebraucht hatten. Danach kehrten wir kein bisschen zu früh zum Lager zurück, denn es war mittlerweile empfindlich kalt geworden.

Ricardo hatte schon Eis geschmolzen und Teewasser bereit. Hier oben auf 5420m musste das sonst von ihm zubereitete Dreigängemenü einer Nudelsuppe weichen.

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