Donnerstag, 4. Juli 2013

Abends in Sorata

An unserem letzten Abend in Sorata nach der Rückkehr vom Ancohuma probierten wir das Restaurant Sorata aus. Wir betraten den leeren Laden, der eine Mischung zwischen Restaurant und Getränkeverkauf zu sein schien. Der Raum war ein altes Gewölbe mit einer großen Tür und frisch verputzten Wände, die schon einrissen. Die Möblierung bestand aus Campingtischen und kleinen Plastikstühlen. Poster der Bolivianischen Fußballmannschaft hingen an der Wand und wurden teilweise von Bildern von Frauen im Bikini aufgelockert.

Der dicke ca. 30 jährige Wirt fragte: "Dos Cenas?". Wir bejahten, da wir zwei Abendessen wollten und setzten uns in der Erwartung, dass gleich die Karte käme. Es kam keine Karte. Der Wirt rief nach hinten: "Dos Cenas!". Er schnitt ein Brötchen auf und brachte uns Besteck. Kurze Zeit später bekamen wir jeder einen Teller Suppe vorgesetzt. Uns wurde langsam klar, dass dies nicht ein Restaurant war, wie wir es erwartet hatten. Hier würden wir das essen müssen, was auf den Tisch käme.

Auf dem Fernseher, der über dem Kühlschrank der Energieeffizienzklasse A stand, lief ein griseliger Film mit Tom Cruise. Der Kühlschrank schien seine volle Energieeffizienz zu entwickeln, da er scheinbar nicht angeschlossen war oder nicht genutzt wurde. Die Cola hatte jedenfalls Raumthemperatur. Chucks Versuch ein Glas Wein zu bestellen schlug fehl, man hätte ihm aber eine Flasche besorgen können.

Nach der Suppe kam der Hauptgang bestehend aus Reis, gedünsteten Mohrrüben, einer gekochten Scheibe Banane und einem panierten Stück Fleisch. Das Fleisch war so hauchdünn geschnitten, dass man es kaum von der Panade unterscheiden konnte. Das Essen war nicht schlecht. Besonders die Suppe hat gut geschmeckt. Aber es war ein bisschen wenig. Wir waren gespannt auf die Rechnung, mussten dafür den Wirt allerdings von seinem Fernseher wegbringen. Die zwei Flaschen Cola und die zwei Menüs kosteten alles in Allem 30 Bs also ca. 3 Euro.

Wir hatten noch Hunger und beschlossen, uns in dem Mexikanischen Restaurant, in dem wir am Vortag gewesen waren, noch eine Pizza zu teilen. Als kleines Beispiel für die Unterschiede der Preise kostete die kleine Pizza beim Mexikaner 30 Bs also soviel wie das Menü inklusive Getränke für zwei Personen nur 15m weiter.

Gerade hatten wir die Pizza aufgegessen, da kamen ein paar weitere Gäste ins Restaurant. Einer stellte sich vor mich hin und guckte mich an. Sekunden verstrichen. Er stand da und guckte mich an. Ich dachte, dass er mich vielleicht mit irgendwem verwechsle, den er kannte. Allerdings guckte er mich nun schon ziemlich lange an, ohne etwas zu sagen. Plötzlich hörte ich Chuck sagen: "Die kennen wir doch...".

Der Raum füllte sich mit fünf Russen, die als erstes eine Flasche Rum auf den Tisch stellten. Es handelte sich um eine Truppe, die im Lager des Condoriri direkt neben uns kampiert hatten. Sie wollten den Cabeza del Condor zwei Tage nach unserem Versuch probieren. Einer der Russen sprach ein bisschen Deutsch. Sie kamen alle aus einer Stadt südlich des Urals, die halb in Europa und halb in Asien liegt.

Jetzt trafen wir uns hier in Sorata wieder. Während wir am Ancohuma unterwegs waren, waren die Russen am technisch schwierigeren Illampu direkt nebenan zu Gange gewesen. Genau wie uns traf sie das schlechte Wetter im Hochlager. Sie hatten zwei Tage und zwei Nächte auf 5600m bei Schneefall in ihren Zelten zugebracht und waren dann ohne Erfolg am Illampu so wie wir nach Sorata abgestiegen.

Die Schnittmenge unsere Wortschätze betrug ca. 100 Wörter und trotzdem erzählen wir Geschichten von den Bergen und den Bergsteigern. Wir stießen auf die Berge an, auf die Freundschaft und auf die Freiheit, bis die Flasche Rum leer war und Chuck und ich langsam wieder in unser Hotel wollten.

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